Nur spät ist gut

15.02.2013
erstmals veröffentlicht in KULT Nr. 18 (1997)
erstmals veröffentlicht in KULT Nr. 18 (1997)

(geradezu klassisch: die Gedanken zu der Ankündigung, es würde fortan ZWEI Unifeten pro Woche geben)

Vor halb zwölf braucht man da gar nicht hingehen. Da ist nämlich noch nichts los. Noch nicht mal da, wo erstaunlicherweise am Ende doch immer wieder was los ist. Aber vor halb zwölf, zwölf - nee, da geht man nicht hin. Elf ist schon äußerste Schmerzgrenze. Zehn ist vielleicht Schuldisco. Das ist nicht cool.

Also anders: Man ranzt sich am besten vorher, so ab neun, schon anderswo ein, zwei oder viele in die Birne, um so richtig super drauf zu sein, wenn man hingeht. Ab halb zwölf wird es dann „langsam gut“ (soweit es überhaupt „gut“ werden kann, aber es wäre ein Thema für sich, wenn man sich denn damit beschäftigen wollte, wohin man überhaupt gehen sollte bzw. wo bei genauerer Betrachtung dann halt doch nur wieder Notständler, Präsenz-Fanatiker, Kennenlern-Hektiker, Gaffer, „"Ist-ja-sonst-nix-los!"​“-Selbsthypnotiseure, „Tschöö!​“-Dönser, „Nächstes-Jahr-auf-Ibiza!​“-Primaten und sonstige Unzufriedene das „"Siehst-du-mich?​“"-Spiel spielen und zum x-ten mal auf „"It’'s Raining Men“" tanzen).

Aber ab halb zwölf wird’s langsam gut. Da kommt man. Dann kann man sich in stimmungsvoller Umgebung weiter die Birne zuranzen, bis man nur noch Gülle plappert, was meist gegenüber Inhabern der einem selbst nicht eigenen Geschlechtsteile passiert, aber in der Umgebung gar nicht auffällt.
Um drei ist langsam die Unterlippe erreicht. Man spielt mit dem Gedanken, der am letzten Faden der Vernunft im Winde der um einen herum kommandogetreu ausgebrochenen Extase flattert: Heimgehen?

Aber man könnte ja was verpassen. Wo es doch heute wieder so „gut“ ist. Außerdem reicht alleine die Zeit, die man im gegenwärtigen Zustand für diesen Gedankengang braucht, um sich inzwischen den Rest gegeben zu haben, und bald ist das Fest ohnehin im enden begriffen. JETZT wird heimgegangen. (Alleine? Was falsch gemacht?​)

Problem: Es ist dann schon gegen fünf. Schlafen, aufwachen, scheiße fühlen, zwei Liter Flüssigkeit einfüllen, hoffen, dass der Buschtrommler im Kopf irgendwann müde wird.​.​.
Bis man sich wieder im Griff hat, geht die Sonne unter.

Warum?​?

Lassen wir das Ganze doch mal um fünf Uhr nachmittags beginnen. Nachdem man geduscht, penetrant parfümiert, stylisch angezogen und gegebenenfalls geschminkt ist, fängt man um sechs mit dem Vorglühen an, kommt zwischen acht und halb neun zur Fete, ist um zwölf dicht, Fete aus, heimgehen, bis zum Morgen schlafen, und mittags ist man schon wieder soweit auf dem Damm, dass man nachmittags die Oma besuchen und eine kleine Finanzspritze einsacken kann.
Das wäre lohnend für alle Parteien. Auf diese Weise könnten die Veranstaltungen sogar täglich stattfinden.

Und das hat uns doch schließlich allen noch gefehlt.