No sports!

01.06.2012
erstmals veröffentlicht in !SZENE am 23.05.2003
erstmals veröffentlicht in !SZENE am 23.05.2003

Bei allen von Wohlwollen und Bemühen getragenen Versuchen - nein, ich schaffe es nicht, dem Motorsport resp. der Formel 1 etwas abzugewinnen.

Dabei möchte ich jetzt gar nicht diese zwar zutreffenden, aber viel zu profanen Phrasen von "im Kreis fahren" herunter spulen. Viel zu groß ist die Gefahr, sich damit als Ignorant zu outen. Gut, etwa viertelstündliche Überholvorgänge als Höhepunkte eines übermäßig spannungsgeladenen Ereignisses zu erkennen, ist schwer. Jedoch: Es gibt auch Leute, die Fußball mit "da rennen 22 Leute einem Ball hinterher" für hinreichend umschrieben und sich dabei noch für irgendwie überlegen halten. Dabei geben sie damit nicht mehr zu erkennen, als dass ihnen jeder Sinn für die Philosophie und Ästhetik meines Lieblingssports fehlt, der Blick für die Symbiose aus Athletik und filigraner Technik und so weiter. Arme, unwissende Würste.

Nein, einen solchen Schuss ins Knie möchte ich mir gegenüber Formel 1-Kennern nicht verpassen. Interessanter finde ich da schon den Ansatz zu fragen, welche Rolle hier tatsächlich der Sportler spielt. Ich bin beispielsweise überzeugt, dass die spanische Fußball-Nationalmannschaft meinen Heimatverein selbst in Ballerinas nach Lust und Laune herspielen könnte, wohingegen auch ein Vettel oder ein Hamilton ziemlich alt aussähe, müsste er mit meinem Auto zum Rennen antreten.

Eklatant wird die Irrelevanz das sportlichen Könnens, wenn die Fahrzeuge technisch versagen. Angesicht eines solchen Vorfalles zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Rennens - namentlich: Start - rumpelte ein Freund einmal treffenderweise:

"Da stecken sie Millionen in die Entwicklung von Autos, die dann nicht mal losfahren!​".

Besagter Freund zerlegte übrigens anschließend auch die Behauptung, die Entwicklungen aus der Formel 1 kämen dem herkömmlichen Autobau zugute:

"So viele Dinger, wie da einfach unterwegs stehenbleiben, bevor sie ihre 300 Kilometer gefahren sind - mit sowas brech ich doch nicht in den Urlaub auf! Und Gepäck würde man da eh keins reinkriegen!​"

Was mir letztlich endgültig die Erkenntnis brachte, dass es sich beim Motorsport vielmals nicht um richtig verstandenen "Sport", sondern nur um "Show" handelt, war jedoch etwas ganz anderes. Es waren die Regelungen, die Jahr für Jahr erfunden werden, um den Besten Steine in den Weg zu legen, damit die Schlechteren bessere Siegchancen haben. Mal über irgendwelche Benzinstands- und Tankregelungen, mal über Einschränkungen hinsichtlich der Reifenwahl.​.​. In manchen Sparten bekommen die Besten wohl sogar Gewichte eingeladen.​

Klar, im ersten Moment klingt das total sympathisch. Jaaaa, die Armen, die beim falschen Team angeheuert haben und deshalb mit ihren Kisten immer nur hinterher fahren dürfen, sollen auch mal Anschluss finden! Das ist totaaaaal lieb!
Aber ist nicht Prinzip des Sports, dass die Besten gewinnen?
Als Michael Phelps zuletzt ständig allen anderen davon schwamm, hat da irgendwer ernsthaft beim Schwimmverband vorgeschlagen, ihm Blei in die Badehose zu nähen?
Natürlich nicht. Und es bleibt zu hoffen, dass sich dieses Prinzip auch weiterhin bei anderen Sportarten nicht durchsetzt. Sonst spielt Real Madrid womöglich zukünftig nur noch mit zusammen geknoteten Schnürsenkeln.